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10. September 2018

Ein Jahr Carsharinggesetz des Bundes - eine Zwischenbilanz

13 Jahre haben die CarSharing-Anbieter in Deutschland darauf gewartet, dass der Bundesgesetzgeber die Einrichtung reservierter CarSharing-Stellplätze im öffentlichen Straßenraum erlaubt. Am 01. September 2017 war es dann soweit: Das bundesweit geltende Carsharinggesetz (CsgG) ist in Kraft getreten. Gut ein Jahr später zieht der Bundesverband CarSharing eine Zwischenbilanz.

Das CsgG sieht zwei unterschiedliche Formen von CarSharing-Stellplätzen im öffentlichen Straßenraum vor:

  1. Reservierte, allen CarSharing-Fahrzeugen, die die Voraussetzungen der im Gesetz verankerten CarSharing-Definition erfüllen, zur Verfügung stehende Stellplätze.
  2. Reservierte, jedoch ausschließlich den Fahrzeugen einzelner CarSharing-Anbieter zur Verfügung gestellte Stellplätze.

Während die Reservierung der CarSharing-Stellplätze nach 1. unmittelbar aus dem CsgG erteilt werden kann, werden CarSharing-Stellplätze nach 2. durch einen Sondernutzungsbescheid genehmigt. Dies kann der Bundesgesetzgeber nur für Bundesstraßen in Ortsdurchfahrten regeln, während die Sondernutzung an den untergeordneten Straßen durch die Landesstraßengesetze ermöglicht wird.

Die praktischen Grundlagen der Umsetzung fehlen immer noch

Die Fördermöglichkeiten jedoch, die unmittelbar aus dem CsgG ermächtigt werden, können noch nicht umgesetzt werden, weil die im CsgG angekündigten nachfolgenden StVO-Verordnungen und Verwaltungsvorschriften noch nicht erlassen sind. Ein erster Entwurf dazu wurde bereits im Herbst 2017 entwickelt, seitdem stockt das ministeriumsinterne Verfahren. Die Abstimmung zwischen den drei betroffenen Bundesministerien BMVI (federführend), BMU und BMWi ist dem Vernehmen nach gerade abgeschlossen worden. Die Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung und eine nachfolgende Verbändeanhörung wurden jedoch noch nicht eingeleitet. Dadurch fehlen nach wie vor beispielsweise die für eine Umsetzung des CsgG notwendigen Verkehrsschilder.

Die Umsetzung des CsgG auf Länderebene beginnt gerade

Einzelnen Unternehmen zugeordnete CarSharing-Stellplätze werden durch Sondernutzung genehmigt. Auch wenn die Sondernutzung an untergeordneten Straßen nicht in der Regelungskompetenz des Bundes liegt, hat das CsgG hier wertvolle Unterstützung geleistet, indem es die Anwendbarkeit der kommunalen Sondernutzung bestätigt hat. Bis heute setzen allerdings viele kommunale Verwaltungen voraus, dass sie erst handeln können, wenn die Aussagen zur Sondernutzung in den jeweiligen Landesstraßengesetzen um den Anwendungsfall zugeordneter CarSharing-Stellplätze im öffentlichen Straßenraum erweitert bzw. konkretisiert worden sind. Dazu müssen die Landesgesetzgeber tätig werden.

Bayern vorn: Bayern hat als erstes Bundesland eine neue Regelung zur „Sondernutzung für stationsbasiertes Carsharing“ in das Bayerische Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) aufgenommen. Der Landesgesetzgeber gibt den Kommunen weitgehende Freiheit, wie dafür das Vergabeverfahren ausgestaltet werden muss. Das ist sinnvoll, da die CarSharing-Landschaft und Wettbewerbssituation in den einzelnen Kommunen des Landes sehr unterschiedlich ist. Den einzelnen Stadt- und Gemeindeverwaltungen sollte zugetraut werden, dass sie dies am besten einschätzen können und entsprechend die jeweilige Verfahrensregelung vor Ort bestimmen. Das Prinzip sollte aus Sicht des bcs lauten: So wenig zentrale Vorgaben des Landes wie nötig, so viel kommunale Gestaltungsfreiheit wie möglich und der CarSharing-Förderung dienlich. Die bayerische Regelung zur Sondernutzung für stationsbasiertes CarSharing ist am 01.09.2018 in Kraft getreten.

Weitere Bundesländer sind auf dem Weg: Das Bundesland Bremen hat den Entwurf eines eigenen Landes-Carsharinggesetzes vorgelegt, das im Wesentlichen das bisherige Vergabeverfahren für die Bremer mobil.punkte fortschreibt und an die Bedürfnisse eines Stadtstaates anpasst. Der Entwurf ist jedoch noch nicht verabschiedet.

Die Bundesländer Sachsen und Baden-Württemberg haben ebenfalls Gesetzentwürfe zur Anpassung ihrer Landesstraßengesetze vorgelegt, die derzeit in der vorparlamentarischen Verbändeanhörung sind.

In weiteren Bundesländern ist der Diskussionsprozess angelaufen, aber noch nicht so weit fortgeschritten, dass bereits ein schriftlicher Entwurf vorgelegt wurde. Hier sind nach unserer Kenntnis die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen zu nennen.

[Nachtrag Stand Ende November 2018: Inzwischen haben - zusätzlich zu den erwähnten Bundesländern Sachsen, Baden-Württemberg und dem Stadtstaat Bremen - auch Nordrhein-Westfalen und Thüringen eine Gesetzesvorlage zur Anpassung ihrer Landesstraßengesetze vorgelegt. Der bcs wurde jeweils im Rahmen der Verbändeanhörung zur Stellungnahme aufgefordert. In Niedersachsen haben die beiden Regierungsfraktionen im Landtag, SPD und CDU, einen Entschließungsantrag eingebracht, der ebenso auf eine Änderung des Landesstraßengesetzes zielt. Zeitpläne für die Beschlussfassung in den jeweiligen Landtagen sind dem bcs nicht bekannt.]

Fazit: Bisher kaum konkrete Ergebnisse bei der Umsetzung des CsgG

Bis auf Bayern ist in den Bundesländern der Stand bisher derselbe wie vor dem Inkrafttreten des CsgG: Diejenigen Kommunen, die bisher schon die landesgesetzlichen Regelungen ausreichend fanden, um auf dieser Grundlage die Sondernutzung für stationsbasierte CarSharing-Stellplätze auszusprechen, machen das auch weiterhin. Diejenigen Kommunen, denen die Landesregelung bisher zu unsicher war, warten nach wie vor auf die Konkretisierung der Sondernutzung in dem jeweiligen Landesstraßengesetz.

Tübingen ist die einzige uns bekannte Stadt, die nach Inkrafttreten des CsgG ihre kommunale Sondernutzungssatzung um die Ausweisung von zugeordneten CarSharing-Stellplätzen als Sondernutzung erweitert hat. In einigen weiteren Kommunen sind verwaltungsintern Vorbereitungen für die Erstellung kommunaler CarSharing-Förderprogramme begonnen worden. Jedoch sind sie noch nicht in den Stadtparlamenten diskutiert und verabschiedet worden.

Autor: Willi Loose