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Mobility 2006

Schweizer CarSharing trägt erheblich zur Umweltentlastung bei

Mobility 2006

Das vom Schweizer Anbieter Mobility organisierte CarSharing ist bisher äußerst erfolgreich und kundenorientiert. In Relation zur Gesamtbevölkerung hat das Schweizer CarSharing knapp zehnmal so viele Kunden und Kundinnen wie die deutschen CarSharing-Anbieter. Dennoch ist - im Vergleich zu den vorhergehenden Jahren - in den letzten beiden Jahren der Kundenzuwachs ins Stocken geraten. Deshalb hat das Schweizer Bundesamt für Energie eine Evaluation in Auftrag gegeben. Bestandteile der Untersuchung sind u. a. eine Nutzungsanalyse des Schweizer CarSharing, eine Abschätzung der Umweltauswirkungen sowie die Aktualisierung früherer Potenzialanalysen.

Im September 2006 wurde eine Evaluationsstudie zum Schweizer Car Sharing veröffentlicht, die vom Bundesamt für Energie in Bern bei zwei Forschungsinstituten aus Zürich und Luzern in Auftrag gegeben wurde.

 

Kundenentwicklung in der Schweiz - Anstieg gedämpft

Ein Anlass der Studie war der Rückgang des bis dahin sehr dynamischen Mitgliederzuwachses bei Mobility seit 2004, obwohl Angebotsdifferenzierung und technologischer Stand international weiterhin zur Spitze der CarSharing-Branche zählen.

2005 hatte Mobility 60.854 "Jahreskunden". Kunden, die im Laufe des Jahres eintreten, werden dabei auf das gesamte Jahr gewichtet gezählt. 92 % davon sind Privatkunden, 8 % Business-Kunden. Der Anstieg von 2004 auf 2005 betrug nur noch knapp 4 %. Dies ist vor allem auf einen Rückgang bei den Privatkunden ohne Genossenschaftsanteil zurückzuführen, während die Genossenschafter unter den Kunden weiterhin zulegten. Sowohl bei den Privatkunden als auch bei den Business-Kunden wurde ein hoher Anteil von jeweils einem Drittel als passive Kunden registriert, die im Jahr 2005 keine CarSharing-Buchungen durchgeführt haben.

Jeder aktive Privatkunde hat 2005 durchschnittlich 15,9 Fahrten unternommen und eine Fahrleistung von 676 km im CarSharing-Fahrzeug verursacht. Die durchschnittliche Fahrtenzahl ist bei den Privatkunden seit 2000 kontinuierlich leicht rückläufig, die Fahrleistung pro (aktivem) Kunden hat seit 2000 um 21 % abgenommen. Demgegenüber stieg die durchschnittliche Fahrtlänge pro Ausleihvorgang ganz leicht an und erreichte 2005 den Wert von 42,6 km. Die Fahrleistungen aller Privatkunden stagnieren seit 2002, sie machten aktuell 82 % der Fahrleistungen bei Mobility aus.

Bei den aktiven Business-Kunden stiegen alle Parameter seit 2000 kontinuierlich an und erreichten 2005 die Werte 1.716 Kilometer durchschnittliche Jahresfahrleistung, 31,4 Fahrten im Jahr und 54,6 km Fahrtenlänge pro Ausleihvorgang.

Interessant ist auch die Analyse der Nutzungsintensität von Privat- und Business-Kunden in Abhängigkeit von der Dauer der Kundenbeziehung. Hierbei sind sowohl die aktiven wie auch die passiven Kunden einbezogen, da der Status "passiver Kunde" sich nur auf das Ermittlungsjahr 2005 bezieht. Bis auf einen Anstieg nach dem Beitrittsjahr, der jedoch auch dadurch erklärt werden kann, dass das erste Jahr in der Regel nicht die vollen 12 Monate umfasst, sind in Abhängigkeit von der Mitgliedsdauer keine eindeutigen Trends erkennbar.

Die Abschwächung des Kundenzuwachses in den letzten Jahren kommt vor allem durch eine ansteigende Zahl von Austritten von Privatkunden zustande. Dies betrifft überwiegend die Kundengruppe der "Classic-Kunden", die nicht Genossenschafter bei Mobility sind. Austretende Privatkunden sind im Durchschnitt deutlich kürzer Mitglied bei Mobility als der Durchschnitt aller Privatkunden.

CarSharing in der Schweiz - nach wie vor Spitze im internationalen Vergleich

Trotz des verlangsamten Kundenzuwachses kann Mobility Kundenkennzahlen vorweisen, die international nicht erreicht werden. Eine Auswahl dieser Kennzahlen:

  • Die Mobility-Kunden entsprechen 1,2% der Personen mit Führerschein in der Schweiz.
  • 1,8% der Schweizer Haushalte ohne Auto sind Kunden beim CarSharing.
  • 20% der Personen mit einem Schweizer Generalabonnement für alle öffentlichen Verkehrsbetriebe sind Kunden bei Mobility.

Die Fahrzeugflotte von Mobility - verbrauchsarm und umweltfreundlich

Auf der Basis der Normverbräuche und der von Mobility eingesetzten Fahrzeugflotte wurde ein Vergleich der CarSharing-Flotte und dem Schweizer Pkw-Bestand durchgeführt. Der fahrleistungsgewichtete Durchschnittsverbrauch der Mobility-Flotte ist seit Jahren mit 6,5 l Kraftstoff pro 100 km konstant. Die Werte der Gesamtflotte der Schweiz sinken hingegen und betrugen im Jahre 2005 7,7 l/100 km bei den Neufahrzeugen und 8,7 l/100 km in der Flotte. Mobility-Fahrzeuge sind also 15 % sparsamer im Verbrauch als die Neufahrzeuge in der Schweiz und 26 % sparsamer als der Schweizer Flottenmix. Bei den CO2-Ausstößen ist der Vergleich ähnlich: Hier werden bei Mobility 18 % weniger CO2-Emissionen ausgestoßen als durch die Schweizer Neufahrzeuge und 25 % weniger als in der Gesamtflotte. Für alle am Umweltzeichen RAL-UZ 100 Interessierten: Die Mobility-Flotte hat 2005 einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 155 g CO2/100 km gehabt (die neuen Anforderungen für den Umweltengel sehen 140 g CO2 für den Durchschnitt der Neufahrzeuge ab 2008 vor).

Die Privatkunden - niedriger motorisiert als der Schweizer Durchschnitt

In einem Schritt der Untersuchung wurden 520 Haushalte mit zusammen 1.404 Personen befragt, darunter 732 Mobility-Kunden. Die mittlere Haushaltsgröße der befragten CarSharing-Haushalte liegt mit 2,71 Personen über der Größe des Schweizer Durchschnittshaushalts und verfügt auch über ein höheres Haushaltseinkommen als der Schweizer Durchschnitt.

24,0 % verfügten zum Zeitpunkt der Befragung über ein oder mehrere Autos im Haushalt. Im Durchschnitt hatten 52,9 % der Neukunden vor dem Eintritt in das CarSharing kein Motorfahrzeug (Pkw und motorisiertes Zweirad) im Haushalt, bei den im Jahre 2004 bis 2005 beigetretenen Neukunden betrug dieser Wert nur noch 47,4 %. Ein Viertel der Haushalte (25,8 %) haben heute weniger Motorfahrzeuge im Haushalt als unmittelbar vor dem Eintritt, aber immerhin 8,8 % der Haushalte haben heute mehr Motorfahrzeuge als vor der Mitgliedschaft bei Mobility.

Als wichtigste Gründe für den Beitritt zum CarSharing wurden mit 29,6 % ökologische Gründe angeführt und mit 21,4 % der finanzielle Vorteil der CarSharing-Nutzung.

Wirkungsforschung - Was wäre, wenn es kein CarSharing gäbe?

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen der Vergangenheit haben die Auswirkungen des CarSharing mit der Fragestellung erforscht, wie das Mobilitätsverhalten vor Beitritt zum CarSharing ausgesehen hat und wie es sich nach Beitritt entwickelte. Da der Beitritt jedoch schon einige Jahre zurückliegen kann, sind die Aussagen zum Verhalten vor dem Beitritt - so die Kritik an diesen Untersuchungen - nicht als besonders glaubhaft einzuschätzen. Auch können sich wesentliche Rahmenbedingungen der Verkehrsmittelwahl, zum Beispiel die Qualität des ÖPNV-Angebotes, in diesem Zeitraum deutlich verändern.

Insofern wurde in der Schweizer Evaluation ein Vergleich des heutigen Verkehrsverhaltens mit der hypothetischen Fragestellung, wie sich die Befragten verhalten würden, wenn es heute kein CarSharing gäbe, herangezogen. Unterschiede ergeben sich zum einen daraus, dass ein Teil der befragten Haushalte zusätzliche Pkw anschaffen würden (22,3 % der Privatkunden), die übrigen ihre Fahrten ohne CarSharing zum Teil ausfallen ließen oder anders organisieren müssten. Grundlage für die Bilanzierung waren die letzten drei CarSharing-Fahrten der Befragten.

Im Ergebnis dieser Bilanzierung würden von den 520 befragten Haushalten ohne CarSharing 806.000 zusätzliche MIV-Kilometer zurückgelegt werden (plus 26 %), zu Lasten des öffentlichen Verkehrs, dem 1.280.000 Personenkilometer verloren gingen (minus 12 %). Für die 520 Haushalte resultiert daraus eine dem CarSharing anzurechnende Energieeinsparung von 0,91 TJ.

Erstaunliches Nebenergebnis dieser Erhebung ist, dass heute - also mit CarSharing-Angebot - von den Befragten nur ein Siebteil der Fahrleistungen mit Motorfahrzeugen (hier werden auch motorisierte Zweiräder mitgerechnet) von CarSharing-Autos abgedeckt wurde. Dies wurde in der Vergangenheit von einigen CarSharing-Studien nicht angemessen berücksichtigt.

Hochgerechnet ergibt sich für die Gesamtheit aller Privatkunden eine Energieeinsparung durch CarSharing in der Größenordnung von ca. 78,4 TJ pro Jahr. Dies entspricht einer Benzinmenge von ca. 2,5 Mio. Litern. Umgerechnet erspart jeder "Jahreskunde" von Mobility der Schweizer Volkswirtschaft eine Energiemenge von 1.453 MJ, jeder aktive Kunde von 2.121 MJ. Auf den CO2-Ausstoß bezogen sind dies eine Einsparung von rund 200 kg CO2 pro Jahreskunde und Jahr oder 290 kg CO2 pro aktivem Privatkunden. In der Gesamtbilanz tragen die Privatkunden von Mobility im Jahr 2005 zu einer CO2-Reduktion von knapp 11.000 t CO2 bei.

Für das Business CarSharing wurden mit vergleichbarer Methodik folgende Ergebnisse abgeschätzt:

  • Auf der Basis der ersetzten CarSharing-Wege wird für den Geschäftskundenbereich von Mobility eine Energieeinsparung durch CarSharing in der Größenordnung von 3,0 TJ bilanziert, 870 MJ pro aktivem Business-Kunden.
  • Wenn als Berechnungsbasis auf neu angeschaffte Geschäftsfahrzeuge zurückgegriffen wird, resultiert daraus eine Energieeinsparung von 28,4 TJ.
  • Hieraus kann eine CO2-Einsparung errechnet werden, die je nach Berechnungsansatz zwischen 183 t und 2.568 t liegt.
  • Die große Spanne zwischen beiden Berechnungsmethoden zeigt die methodischen Unsicherheiten und die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen zu diesem Bereich der Wirkungsforschung.
  • Nicht bilanziert ist der Nutzen, der sich aus den komplementären zeitlichen Nutzungsmustern von Business CarSharing für das CarSharing von Privatkunden und der dadurch erhöhten Effizienz für den CarSharing-Betrieb ergibt.

Ausblick - Marktpotenzial auch in der Schweiz noch in weiter Ferne

In der Untersuchung wurde keine eigenständige Potenzialberechnung durchgeführt, sondern lediglich Plausibilitätsbetrachtungen bestehender Abschätzungen vorgenommen. Danach wird ein Wert von 500.000 Kunden als oberer Wert angenommen, die Potenzialabschätzung von Muheim aus dem Jahre 1998 wird damit um 100.000 zurückgenommen. Mittelfristig wird das Erreichen von 100.000 Kundinnen und Kunden als realistisch eingeschätzt.

Das Potenzial wird aber nur als erreichbar angesehen, wenn sich wesentliche Rahmenbedingungen verbessern und eine optimale Marketingstrategie verfolgt wird. Hierzu gehören unter anderem:

  • Im Mittelpunkt der Marketinganstrengungen sollte die Kundengruppe mit Auto im Haushalt stehen. Insbesondere werden differenzierte Ansprachen für junge Kunden (18 bis 25 Jahre) und Senioren (über 60 Jahre) gefordert.
  • Beim Business CarSharing sind große Kunden besonders zu pflegen. Argumentationsbasis hierfür ist auch die zunehmende Parkplatzknappheit.
  • Trotz der großen Bekanntheit der Marke Mobility sind die Funktionsweise des CarSharing und die Kenntnisse der Produkte zu promoten. Als Ansatz wird mehr Eigenwerbung empfohlen.
  • Es werden Möglichkeiten geprüft, die Fahrzeuge künftig auch spontan und ohne Reservierung zu nutzen, eventuell mit einer Kreditkarte oder Smartcard, auch ohne Mitglied bei Mobility zu sein. Auch die Möglichkeit, Einwegfahrten zu ermöglichen, steht auf dem Entwicklungsprogramm.
  • Die roten Fahrzeuge von Mobility sollen künftig stärker als Markenzeichen genutzt werden. Dafür werden ein öffentlichkeitswirksames Placement der Fahrzeuge auf öffentlichem Grund und eine verstärkte Partnerschaft mit der öffentlichen Hand gefordert.

Quelle: Bundesamt für Energie (Hrsg.): Evaluation Car-Sharing. Schlussbericht. Autoren: Ueli Haefeli, Daniel Matti (beide Interface, Luzern), Christoph Schreyer, Markus Maibach (beide INFRAS, Zürich). Bern, September 2006

erstellt von Willi Loose

 

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PDF: Evaluation Carsharing 2006 schweiz