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Dieselskandal und Fahrverbote: Die CarSharing-Branche handelt

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zulässig sind. Auch die CarSharing-Branche ist von den Tricksereien und Betrügereien der Automobilhersteller massiv betroffen. Viele von Autoherstellern unabhängige CarSharing-Anbieter haben ihre Flotten bereits weitgehend „entdieselt“. Um den Anteil an Elektrofahrzeugen weiter zu erhöhen sind nun auch systematische Fördermaßnahmen nötig.

Seit fast zwei Jahren gibt es die sogenannte „Dieselgate“-Affäre. Ausgelöst wurde sie durch massiven Betrug und kollektive Tricksereien der Automobilindustrie. Noch länger setzt sich die deutsche Verkehrspolitik mit erstaunlicher Beharrlichkeit über ihre Pflicht hinweg, die Gesundheit der Bürger vor gesundheitsschädlichen verkehrsbedingten Luftschadstoffen zu schützen und die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. Diese Rolle wird nun von Gerichten übernommen. 

Auch die CarSharing-Branche ist von den Tricksereien und Betrügereien der Automobilhersteller betroffen

In Deutschland gibt es neben den beiden großen von Auto-Konzernen bereitgestellten CarSharing-Systemen viele herstellerunabhängige CarSharing-Anbieter. Diese Unternehmen, die sich der Idee einer nachhaltigen, umweltschonenden und möglichst emissionsarmen Mobilität verpflichtet fühlen, haben in der Vergangenheit verstärkt auf Dieselfahrzeuge gesetzt, um besonders niedrige CO2-Emissionen zu erreichen. Dies wurde auch durch die bis 2016 geltenden und inzwischen auf Wunsch der CarSharing-Branche überarbeiteten Vergaberichtlinien des Umweltzeichens Blauer Engel Carsharing (RAL-UZ 100) mit bewirkt.

Auch die Dieselfahrzeuge in CarSharing-Flotten wären unter Umständen nach dem heutigen Urteil von Fahrverboten betroffen.

Von Auto-Konzernen unabhängige CarSharing-Anbieter haben ihre Flotten zum Teil bereits „entdieselt“

Nach dem sukzessiven Bekanntwerden der Wahrheit über den tatsächlichen NOx-Ausstoß von Dieselmotoren haben die von Autoherstellern unabhängigen CarSharing-Anbieter umgesteuert: Neben dem Ausbau des Anteils von Elektrofahrzeugen wurden in einigen Flotten Dieselfahrzeuge durch Benziner oder Hybridfahrzeuge ersetzt. Der bei Benzinern im Vergleich zum Diesel höhere Kraftstoffverbrauch führt bedauerlicherweise zu mehr CO2-Emissionen. Allerdings ist der Anteil von Stickoxiden in ihren Abgasen um 80 Prozent geringer. Willi Loose, Geschäftsführer des Bundesverband CarSharing e.V. kommentiert:

„Die von Automobilkonzernen unabhängigen CarSharing-Anbieter haben bisher schon viele Anstrengungen unternommen, umweltfreundliche Fahrzeuge in ihre Flotten zu integrieren. Einige haben – im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten – bereits auf den Abgasskandal reagiert und Dieselfahrzeuge durch andere Antriebsarten ersetzt.

Es wäre mehr als angemessen, wenn die Automobilindustrie endlich ihrerseits einen substantiellen Beitrag zur Lösung des von ihr verursachten Problems leistet. Die technische Nachrüstung von verbliebenen Dieselfahrzeugen vor allem durch Hardware-Komponenten sollte eine Selbstverständlichkeit sein.“

Loose hat einen weiteren Vorschlag zur Lösung des Problems:

„Die Autohersteller sollten in Vorleistung treten und Elektrofahrzeuge kostengünstig zur Verfügung stellen.“

Der Austauschprozess in CarSharing-Flotten wird weitergehen. Hierbei sind die CarSharing-Anbieter darauf angewiesen, dass die Autohersteller die passenden Fahrzeugmodelle zur Verfügung stellen. Das betrifft zum einen neue Dieselmodelle nach EURO 6d-Norm, deren Prüfstands-Emissionen tatsächlich die Schadstoffausstöße im Realbetrieb widerspiegeln. Zum anderen werden die Anbieter noch mehr als bisher auf Elektrofahrzeuge setzen, sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Elektromobilität im CarSharing muss endlich systematisch gefördert werden

Der Elektro-Anteil in den deutschen CarSharing-Flotten ist mit gut 10 Prozent bereits rund 100-mal höher als im gesamten nationalen Pkw-Bestand.

Allerdings ist die Wirtschaftlichkeit der E-Fahrzeuge durch höhere Anschaffungspreise und niedrigere Auslastung bisher nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben. Die staatlichen Förderprogramme sind aber auf das CarSharing kaum ausgerichtet. Vor allem der Ausbau der Ladeinfrastruktur an CarSharing-Stationen wird bisher nicht ausreichend gefördert. Verbandsgeschäftsführer Loose erklärt:

„Die Bereitschaft der CarSharing-Anbieter, noch mehr Elektrofahrzeuge in ihren Flotten aufzunehmen, ist angesichts der aktuellen Diskussion um Luftschadstoffe und Klimaschutz vorhanden. Dazu müssen von der Politik die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Vor allem das stationsbasierte CarSharing muss in den Förderprogrammen des Bundes endlich systematisch berücksichtigt werden. Denn es hat die höchste verkehrsentlastende Wirkung.“

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PDF: Pressemitteilung "Dieselskandal und Fahrverbote: Die CarSharing-Branche handelt" vom 27.02.2018

 

Kurzinfo über den bcs: Der Bundesverband CarSharing e.V. (bcs) wurde 1998 gegründet. Er ist der Dachverband der deutschen CarSharing-Anbieter. Der bcs fördert CarSharing als moderne Mobilitätsdienstleistung und strebt eine Vernetzung mit dem öffentlichen Nahverkehr an. Ziel des Verbandes und seiner Mitglieder ist es, den Autobestand und Autoverkehr zu vermindern und die Umweltbelastung durch den Individualverkehr zu verringern. Der Bundesverband CarSharing (bcs) vertritt die politischen Interessen der Branche auf bundesweiter Ebene und gegenüber den Ländern. Im Bundesverband sind derzeit 139 Anbieter organisiert.


Kurzinfo über das CarSharing in Deutschland: Im deutschen Carsharing haben sich zwei Varianten etabliert: Beim stationsbasierten CarSharing stehen die Autos möglichst wohnortnah auf einem festen Parkplatz. Kunden holen den Wagen dort ab, nach der Fahrt bringen sie ihn dorthin zurück. Nur bei dieser Variante sind Reservierungen mehrere Wochen im Voraus möglich. Stationsbasiertes CarSharing ist außerdem die preisgünstigste CarSharing-Variante: Eine Stunde Kleinwagen fahren in der Stadt kostet etwa 4 bis 8 Euro, Benzin inklusive. Die größten deutschen Anbieter: stadtmobil, cambio, teilAuto, Flinkster, book-n-drive.

Bei der zweiten Variante, dem sogenannten Free-Floating, stehen die Autos irgendwo in der Stadt, frei geparkt. Nutzer orten und buchen sie über das Smartphone. Nach der Fahrt stellen sie den Wagen irgendwo innerhalb des Nutzungsgebiets wieder ab. Diese Variante ist nur in einigen großen Städten zu finden. Reservierungen im Voraus sind nicht möglich. Free-floatende Fahrzeuge eignen sich gut für spontane Fahrten oder Fahrten, bei denen man den Endzeitpunkt nicht genau bestimmen will. Free-floating macht außerdem One-way-Fahrten innerhalb eines definierten Bereichs im Stadtgebiet möglich. Die Preise liegen über denen des stationsbasierten CarSharings: Eine Stunde Kleinwagen fahren kostet etwa 19 Euro. Die größten Anbieter sind car2go und DriveNow.

In letzter Zeit haben sich auch kombinierte CarSharing-Angebote etabliert, die stationsbasierte und free-floatende Fahrzeuge aus einer Hand anbieten. Kombinierte Angebote gibt es beispielsweise in Hannover, Mannheim und Heidelberg (stadtmobil), Frankfurt am Main (book-n-drive) und Leipzig (teilAuto)

Derzeit verfügen 677 Städte und Gemeinden in Deutschland über mindestens ein CarSharing-Angebot. In allen diesen Orten sind stationsbasierte CarSharing-Angebote verfügbar, während reine free-floating Angebote nur in 12 deutschen Städten vertreten sind.

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Bundesverband CarSharing e. V. (bcs)
Gunnar Nehrke
Schönhauser Allee 141 B
10437 Berlin
Telefon: 030 - 92 12 33 53
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